Wolfgang Schuster aus dem Amt verabschiedet

Wolfgang Schuster aus dem Amt verabschiedet

Wolfgang Schuster hat als Oberbürgermeister 16 Jahre die Geschicke der Landeshauptstadt Stuttgart geleitet. Am 05. Januar wurde er mit einem Festakt verabschiedet. Dazu waren 1400 geladene Gäste in die Stuttgarter Liederhalle gekommen. Den Livestream verfolgten mehr als 5000 Zuschauer.

Schuster darf sich künftig Professor nennen. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann verlieh dem scheidenden Oberbürgermeister für seine kommunalwissenschaftliche Arbeit den Ehrentitel. Kretschmann betonte: „Wolfgang Schuster ist mit dem Ziel angetreten, Stuttgart stärker zur Welt hin zu öffnen und international zu vernetzen – wirtschaftlich und technologisch, aber auch politisch und kulturell. Das ist ihm zweifellos gelungen. Verlässlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und Integrität, verbunden mit einem ausgeprägten Gestaltungswillen, das hat ihn in meinen Augen als Stadtoberhaupt in besonderer Weise ausgezeichnet.“

Zudem ist Schuster jetzt Ehrenbürger der Landeshauptstadt. Erster Bürgermeister Michael Föll überreichte ihm die dazugehörige Urkunde. Föll sagte: „Ein Ära geht zu Ende, Schusters ist ein Glücksfall für Stuttgart. Die Landeshauptstadt steht jetzt hervorragend da: Stuttgart zählt zu den bedeutendsten und erfolgreichsten Wirtschaftsstandorten in Deutschland und Europa, die Zukunftsprognosen sind positiv, das kulturelle und gesellschaftliche Leben ist hochkarätig, vielfältig und bunt, Stuttgart ist attraktiv, weltoffen und lebenswert zugleich.“

Zahlreiche Ehrengäste lobten Schusters Lebenswerk. Die Bundesministerin für Bildung und Forschung Prof. Dr. Annette Schavan betonte: „Wolfgang Schuster ist ein Mensch, der das Große im Kleinen sieht. Der Themen früher erkennt als Andere und sie in die Sprache der Bürger übersetzt. Der Vernetzungen herstellt und Bündnisse schmiedet, über die Grenzen seiner Stadt und über die Grenzen Deutschlands hinaus. Dieses Talent hat ihn für die Aufgabe prädestiniert, die er 16 Jahre lang mit Bravour erfüllt hat.“

Der EU-Kommissar für Energie Günther Oettinger: „Schuster ist visionär und zugleich stets auf Augenhöhe mit Experten und Politikern. Vor allem ist er ein überzeugter und überzeugender Europäer. Schuster hat die Idee der kommunalen Selbstverwaltung und der Subsidiarität nach Europa exportiert. Auf der anderen Seite hat er immer wieder neue Ideen nach Stuttgart importiert und sich zur Umsetzung Partner gesucht.“

Dr. Kadir Topbas, Bürgermeister Istanbuls und Vorsitzender des Weltverbands der Kommunen: „Ich bewundere Schusters Einsatz. Er hat stets Empathie und Großzügigkeit bewiesen. Schuster macht deutlich, dass Kommunen durch eine gemeinsame Anstrengung die Lebensqualität ihrer Bürger verbessern können. Ein Beispiel ist das heute gegründete Istanbul-Stuttgart Center, das die Zusammenarbeit unserer Städte erweitert und vertieft. Ich bin sicher, die kommenden Generationen werden dieses Engagement in besonderem Maße schätzen.“

Schuster als „Erster Diener“

Prof. Schuster dankte in seiner Rede für die Verleihung des Ehrentitels: „Kommunalpolitik hat mich immer fasziniert, weil sie Theorie und Praxis verbindet. Für mich war es immer wichtig, wissenschaftliche Erkenntnisse praktisch umzusetzen, zum Beispiel aus der Gehirnforschung in die frühkindliche Pädagogik.“ Die Ehrenbürgerwürde nimmt er als Ansporn, sich „als Bürger in dieser Stadt für das Gemeinwohl zu engagieren.“ Schuster sagte, er habe sich als „Ersten Diener der Bürgerschaft, Gestalter gesellschaftlicher Entwicklungen, erster Bürger in einer Bürgergesellschaft sowie Verfechter der kommunalen Selbstverwaltung auf allen politischen Ebenen“ gesehen. Er dankte den über 23.000 Mitarbeitern des Konzerns Stuttgart, „die Tag für Tag, manche auch nachts und am Wochenende, qualitätvolle Dienstleistungen für unsere Bürger erbringen.“ Schwerpunkt seiner Amtszeit war die Integration von Einwanderern. „Das ‚Stuttgarter Bündnis für Integration‘ ist Ausdruck des gemeinsamen Willens: Jeder, der in Stuttgart lebt, ist ein Stuttgarter, jeder kann teilhaben und jeder soll sich einbringen in unsere integrative Stadtgesellschaft“, so Schuster.

Lebendige Bürgergesellschaft

Prof. Schuster verwies auf Stuttgarts lebendige Bürgergesellschaft mit 120.000 ehrenamtlich Engagierten. Wörtlich: „Lokale Demokratie lebt wesentlich von diesem bürgerschaftlichen Engagement, das wir mehr denn je brauchen können. Zum Beispiel haben wir in Stuttgart inzwischen 1.500 Bildungspaten, die helfen, dass unsere Kinder und Jugendlichen sich in unserer komplexen Welt besser zurecht finden.“

Abschließend dankte Schuster Weggefährten und seiner Familie, die erwarte, dass er „künftig nicht mehr mit der Stadt verheiratet“ sei. Seinem Nachfolger Fritz Kuhn wünschte er „bei dem spannenden, anstrengenden, nicht immer vergnügungssteuerpflichtigen, aber überaus lohnenden Amt Freude, Erfolg, Gesundheit und eine glückliche Hand.“

Schusters Werdegang

Wolfgang Schuster, 1949 in Ulm geboren, studierte in Tübingen, Genf und Freiburg Rechts- und Staatswissenschaften. Er promovierte im Zivilrecht und legte sein zweites Staatsexamen ab. Ab 1976 setze er sein Studium an der Pariser Ecole Nationale d’Administration (ENA) mit den Schwerpunkten Verwaltungseinführung und internationale Wirtschaftspolitik fort. Wolfgang Schuster ist mit der Ärztin Stefanie Schuster verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.

Von 1975 bis 1980 war Wolfgang Schuster Stadtrat in Ulm. Von 1978 bis 1980 war er zudem Referent im Staatsministerium Baden-Württemberg unter den damaligen Ministerpräsidenten Hans Filbinger und Lothar Späth. 1985 wurde er Leiter des Persönlichen Referats des Stuttgarter Oberbürgermeisters Manfred Rommel. In den Jahren 1986 bis 1993 war Schuster Oberbürgermeister der Stadt Schwäbisch Gmünd. Danach war er bis 1996 Bürgermeister für Kultur, Bildung und Sport der Landeshauptstadt Stuttgart. Im Januar 1997 wurde er als OB ins Amt eingeführt.

Erfolgsbilanz

Stuttgart hat sich unter Schuster erfolgreich und nachhaltig entwickelt. Die Stadt hat heute ein modernes und attraktives Image. Aktuell investieren Bauherren allein in der Innenstadt mehr als eine Milliarde Euro für Gewerbe- und Wohnungsbau. Zugleich hat die Lebensqualität zugenommen: 39 Prozent der Gemarkungsfläche stehen unter Landschafts- beziehungsweise Naturschutz. Dank strikter Ausgabendisziplin konnte der Schuldenstand von 830 Millionen Euro im Jahr 1996 auf 35,5 Millionen Euro Ende 2012 abgebaut werden. Bei freien Mitteln von über 44 Millionen Euro ist die Stadt faktisch schuldenfrei. In Schusters Amtszeit hat die Stadt mit Eigenbetrieben und Beteiligungsunternehmen knapp 12 Milliarden Euro investiert, vor allem in Bildung, in Kinder und Jugendliche, in die Stadtentwicklung, in den sozialen Zusammenhalt, in die Internationalität der Stadt und nicht zuletzt in Kultur und Sport. 87 Prozent der Stuttgarter sagen heute, dass sie gerne in ihrer Stadt leben. Vor 16 Jahren lag der Wert noch bei 53 Prozent.

Im Januar 2012 gab Schuster bekannt, nicht für eine dritte Amtszeit zu kandidieren.