Türkischer Staatspräsident zu Gast bei OB Schuster

Türkischer Staatspräsident zu Gast bei OB Schuster

Der Präsident der Republik Türkei, Abdullah Gül, und seine Gattin Hayrünnisa wurden von Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster und seiner Frau Dr. Stefanie Schuster im Stuttgarter Rathaus empfangen. Der Besuch war offizieller Teil des dreitägigen Staatsbesuchs in Deutschland. Präsident Gül informierte sich im Rathaus über die Integrationspolitik der Stadt.

Begleitet wurde Gül von einer Delegation aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft – darunter der Stellvertretende Ministerpräsident, der Minister für Wissenschaft, Industrie und Technologie, der Minister für Energie und Natürliche Ressourcen und der Finanzminister. Gast im Rathaus war auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit seiner Frau Gerlinde.

Zum Besuchsprogramm gehörte der obligatorische Eintrag in das Goldene Buch der Stadt. „Es ist mir eine große Freude, Stuttgart, eine in Bezug auf die Wirtschaft, den Handel und die Politik so bedeutende Stadt in Deutschland, zu besuchen. Ich schätze Veranstaltungen der Stadt Stuttgart, die die Teilhabe von Türken und Türkinnen am politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben unterstützen. Ich wünsche mir, dass die türkische und die deutsche Gemeinde in dieser schönen Stadt in Zukunft in Einheit und Brüderlichkeit in einer friedlichen und sicheren Gemeinschaft leben wird“, schrieb der Präsident ins Goldene Buch.

In der Landeshauptstadt lebt eine große türkische Gemeinschaft, sie umfasst rund 35.000 Bürger. Deshalb fühlt sich Stuttgarts Oberbürgermeister „auch als Bürgermeister einer türkischen Stadt“. Schuster stellte dem Präsidenten und der großen türkischen Delegation während des Empfangs das Konzept der Stuttgarter Integrationspolitik vor.  Ein Markenzeichen Stuttgarts, so Schuster, ist seine Internationalität. Von den 600.000 Stuttgartern sind 230.000 im Ausland geboren oder Kinder von Einwanderern – ihr Anteil macht 38 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, bei Kindern und Jugendlichen sogar 60 Prozent. „In Stuttgart leben Menschen aus 170 Nationen. Die Einwanderung hat Stuttgart bunter, lebendiger, jünger und dynamischer gemacht.“

Stuttgarter Willkommenskultur als Leitschnur für Integration 

Offenheit und Toleranz zeichne Stuttgart aus und mache die Stadt attraktiv. Zentraler Begriff dafür sei die „Stuttgarter Willkommenskultur“. Der OB: „Jeder, der in Stuttgart lebt, ist Stuttgarter – unabhängig von Pass oder Herkunft. Kulturelle Unterschiede werden respektiert, entscheidend ist jedoch das eigene Engagement für das Allgemeinwohl in unserer Stadt.“  Die wirtschaftliche Stärke Stuttgarts stütze sich zu einem großen Teil ebenfalls auf erfolgreiche Integration, so der Oberbürgermeister: „Die Landeshauptstadt ist mit ihren Produkten erfolgreich in allen Teilen der Welt platziert, weil Menschen aus aller Welt dafür sorgen, dass die Spitzenposition als ein dynamischer Wirtschaftsstandort im globalen Wettbewerb gehalten werden kann. Ohne die zugewanderten Fachkräfte könnten die großen Unternehmen nicht in Stuttgart produzieren. Im Handwerk und in allen Dienstleistungsberufen gleicht die Einwanderung den demografisch bedingten Fachkräftemangel aus.“

Spracherwerb und EU-Beitritt der Türkei als Themen 

Auch tagespolitische Themen wurden im Rathaus diskutiert: Die Frage nach dem Spracherwerb von Migranten oder ein möglicher EU-Beitritt der Türkei. In Stuttgart wird die Fähigkeit Deutsch zu sprechen, als Chance zur Teilhabe verstanden. Daher ist die Sprach- und Bildungsförderung der Schwerpunkt der Stuttgarter Integrationspolitik. Beispiel dafür ist das von der Stadt entwickelte Programm „Mama lernt Deutsch“. Die Kurse richten sich vorrangig an Mütter von Grund- und Hauptschülern, sie haben Schulthemen als inhaltlichen Schwerpunkt. Der OB: „Ich bin Ihnen, sehr verehrter Herr Präsident, dankbar, dass Sie unsere türkischen Mitbürger aufgefordert haben, besser Deutsch zu lernen, weil die deutsche Sprache der Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration ist. Zugleich motiviere ich unsere türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, ihre Muttersprache ebenfalls zu beherrschen, weil dies eine zusätzliche Qualifikation ist, die wir als Exportregion gut gebrauchen können.“  Ebenfalls Thema: Der EU-Beitritt der Türkei. Hierfür hatte sich Oberbürgermeister Schuster schon mehrfach ausgesprochen, unter anderem im vergangenen Jahr als Mitglied der Reflexionsgruppe zur Zukunft der EU. Schuster sieht langfristig in einem Beitritt eine Perspektive für Europa und die Türkei, wenn die Türkei die rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen erfüllt.

Gül & Wulff halten „Mitten in Deutschland“ für „gelungenes Werk“ 

Als ein Gastgeschenk überreichte Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster Präsident Gül ein Exemplar seines Buches „Mitten in Deutschland – Deutsch Türkische Erfolgsgeschichte“. Gül hat gemeinsam mit Bundespräsident Christian Wulff ein Vorwort zur gerade erst erschienenen türkischen Übersetzung beigetragen. OB Schuster hat das Buch mit Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Grünen, herausgegeben. Die beiden haben dafür den 50. Jahrestag der Unterzeichnung des „Abkommens zur Anwerbung von Arbeitskräften“ zum Anlass genommen.  In dem Buch beschreiben 50 türkeistämmige Bürgerinnen und Bürger ihre Lebensgeschichten und Lebensentwürfe: Eine Rechtsanwältin, die keine „Vorzeigemigrantin“ sein möchte. Ein Journalist, der erfahren muss, dass die Kenntnis der deutschen Sprache auch Distanz zu Deutschen schaffen kann. Oder eine Unternehmerin, die ihre Herkunft als Chance begriffen hat. Zugleich steuern Ruprecht Polenz, Dieter Zetsche und Rita Süßmuth Gastbeiträge bei.  „Die türkischen Mitbürger, die vor 50 Jahren zu uns kamen, haben oft schwere, dreckige, laute Arbeiten verrichtet, zu denen sich viele Deutsche nicht bereit gefunden haben. Ihre Beiträge zu unserem wirtschaftlichen Wohlstand und persönlichen Wohlergehen verdienen, gewürdigt zu werden. Statt mit Vorurteilen sollten wir unseren türkischen Mitbürgern mit Respekt und Anerkennung begegnen. Viele der türkischen Einwanderer nehmen inzwischen leitende Funktionen wahr. Die Autoren dieses Buches sind dafür beispielgebend“, erläutert OB Schuster die Grundidee des Buchs.

Die Präsidenten Wulff und Gül halten das Buch für ein „gelungenes Werk“. Es gelte, „die Erfolgsgeschichten der in Deutschland lebenden Menschen türkischer Herkunft besser zu vermitteln“. In ihrem Vorwort schreiben sie weiter: „Die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland sind in jeder Hinsicht einzigartig. Die intensive und vielschichtige Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern stellt für andere Länder ein gutes Beispiel dar. Deutsche und Türken sind in beiden Ländern Gastgeber und Gäste und immer öfter auch Nachbarn und Freunde geworden. Zu dieser engen Beziehung gehört es zweifellos auch, voneinander zu lernen.“